Handelt es sich beim Metaverse einfach nur um die neueste Technologie-Sensation aus dem Norden Kaliforniens oder beginnt mit dem Metaversum tatsächlich eine neue digitale Ära? Und wie sieht es eigentlich für die Werbetreibenden aus, bekommen diese die Konsequenzen zu spüren?
Was ist eigentlich das Metaverse?
Die ganz großen Tech-CEOs machen momentan kein Geheimnis daraus, dass sie viel Geld und Zeit in das Metaverse stecken. Zuckerberg (Meta), Nadell (Microsoft) und Co. sind fest davon überzeugt, dass das Metaverse die Zukunft des Internets sein wird. Der Begriff allein stammt aber nicht von den Technologiegroßkonzernen, denn dieser ist schon etwas länger im Gebrauch. So beschreibt der Autor Neal Stephenson schon 1992 in seinem Roman Snow Crash eine weltweite virtuelle Realität, in welcher die Menschen teilnehmen können, indem sie Avatare wählen. Steven Spielbergs Film Ready Player One, welcher auf dem Roman von Ernest Cline basiert, setzt sich ebenfalls mit dem Thema auseinander und zeigt eine utopische (oder eben dystopische) Version des Metaverse von morgen. Eine Sache zeichnet sich allerdings schon jetzt ab. Unser Metaversum wird ein weiterer Ort sein, an dem die Menschheit statusgetrieben ihren Wohlstand aufführen und dabei der realen Welt gänzlich entfliehen kann. Schon jetzt liegt der Fokus vermehrt auf der Entwicklung von virtuellen Luxusgütern wie Crypto, NFTs und Kunst.
Facebook und das Metaverse
Damit man den Hype um das Metaverse und dessen Potential besser versteht, sollte man sich am besten gleich das Unternehmen Meta, ehemals Facebook, ansehen. Viele Kritiker:innen sind der Auffassung, dass hinter der Änderung des Markennamens ein Ablenkungsversuch steckt, um von den ganzen negativen Schlagzeilen der letzten Jahre wegzuführen. Das Unternehmen selbst jedoch betont, dass die abrupte Namensänderung eine klarere Zukunftsvision vermittele. Vielleicht aber ist das Ganze ja doch auf Apple zurückzuführen, denn die schränkten 2020 mit dem iOS 14 Update sämtliche Tracking und Targeting Funktionen von Werbeanzeigen auf Apple-Geräten und damit auch Facebook ein. Zudem stellt TikTok eine echte Konkurrenz dar, wenn es um User:innen-Zahlen und das Engagement geht.
Was also tun, wenn das gesamte Tracking über mehrere Plattformen von anderen Marken eingeschränkt wird? Genau. Einfach alle User:innen an einen Ort verfrachten, wo es bisher keinerlei Grenzen von Dritten gibt und man die alleinige Kontrolle besitzt. Das Metaverse ist der perfekte Ort für Facebook beziehungsweise Meta, um dem nachzugehen. Auch Auflagen und Vorschriften gibt es dort kaum, weil es eben noch so neuartig ist. Deswegen muss sich Meta auch erst einmal nicht so viele Gedanken um Datenschutz, Geräte-IDs oder Ähnliches machen.
Die Neugierde und Akzeptanz für Virtual-Reality sind auf jeden Fall spürbar groß bei den Konnsument:innen. Allein letztes Weihnachten befand sich die App auf Platz 1 der Apple App Store Charts, die Metas Oculus-Headset bedienen soll. Apple scheint zwar seinen unangefochtenen obersten Platz in der realen Welt zu verteidigen, Meta, Google und Co. sind allerdings jetzt schon auf dem Vormarsch, wenn es um die Eroberung des Metaverse geht.
Werbung im Metaverse
Ohne Werbung geht so gut wie gar nichts, auch nicht im Metaverse. Mit großer Wahrscheinlichkeit werden Werbetreibende dort auf 3D-Werbeerlebnisse setzen müssen, wie beispielsweise gesponsorte Objekte. Vielversprechend ist zudem die Aussicht auf die Verwendung von Eyetracking-Softwares in Verbindung mit AR-Brillen. Diese können nämlich 1:1 erfassen was die Menschen sich ansehen und wie sie sich sogar dabei fühlen.
Es ist wichtig, dass die neuen Werbeinhalte auch auf das Metaversum angepasst sind und dort wirken. Viele bekannte Designer haben das längst verstanden und sogar schon ihre ersten Metaverse-Kollektionen rausgebracht. So kann man im Online-Videospiel Fortnite bereits die neuen digitalen Fashion-Teile von Balenciaga ergattern. Gucci zieht direkt nach und möchte auf der Metaverse-Plattform Roblox einen virtuellen Store eröffnen. Decentraland, ebenfalls eine Metaverse-Plattform, wird dieses Jahr noch die weltweit erste virtuelle New York Fashion Week hosten. Teilnehmende haben so die Möglichkeit, den Runway quasi live mitzuverfolgen und anschließend die begehrten digitalen Teile direkt einzukaufen. Auch virtuelle After-Show-Partys wird es dort geben. Sich für externe Marken zu öffnen, wird sich für alle Plattformen also definitiv lohnen. 2020 erzielte GTA Online bereits einen Umsatz von circa 900 Millionen US-Dollar mit Kosmetikartikeln.
Ein Spielfeld für große Unternehmen
Aber wie sieht es mit den kleineren Unternehmen aus, haben sie überhaupt eine Chance gegen all die Walled Gardens, die sich bereits jetzt schon abzeichnen? Das Metaverse ist neuartig und genauso neuartig werden die Werbeumgebungen sein, mit denen sich die Marketer intensiv beschäftigen müssen. Noch gibt es in den meisten Welten nicht die Option eine Kooperation für eine Kampagne einzugehen, da man noch nicht weiß, wie man diese im Metaversum skalieren soll. Denkbar wären allerdings TV-Spot-artige Kampagnen oder eine Form von digitaler Außenwerbung. Auch Medienhäuser und Verlage müssen über eine Umdisponierung nachdenken, da wahrscheinlich immer mehr Leserschaft ins Metaverse hinüber wandern wird. Um diesem Problem entgegenzuwirken, starteten Facebook und die New York Times 2020 eine Zusammenarbeit, welche die Verbraucher:innen darin unterstützen sollte, die wesentlichen Merkmale des Metaverse zu verstehen, indem sie mit New York Times Inhalte virtuell interagieren konnten.
Marketer im Metaverse
Nur, weil Facebook sich in Meta umbenannt hat, besitzt das Unternehmen nicht die allgemeine Verfügung über das Metaversum. Vielmehr besteht das Metaverse aus einer Vielzahl an Plattformen, die alle mit diversen Blockchains arbeiten, um ein großes Metaverse zu bauen. Marketer haben durch die üppigen Ressourcen, die die Technologiegroßkonzerne in das Metaversum stecken, die Möglichkeit ihre Produkte optimal zu bewerben und zu verkaufen. Publisher wiederum erhalten die Chance, mit bedeutenden Plattformen zusammenzuarbeiten.
Aber wie viel Unabhängigkeit wird man dafür zahlen müssen? Erst vor kurzem entstand der Wunsch, sich intensiv von den großen Plattformen wie Google, Facebook und Co. abzukapseln, damit diese nicht die gesamte User Journey sowie jegliche Datenschutz-Angelegenheiten beherrschen und kontrollieren. Wieso also jetzt wieder einen Schritt auf die Großkonzerne zugehen? Das Metaversum steckt jedenfalls noch in den Kinderschuhen und es wird sich zeigen, wie erstrebenswert und zukunftsorientiert eine Zusammenarbeit für die Werbetreibenden in der virtuellen Realität überhaupt sein wird.