Trotz des schweren Leidens der UkrainerInnen nutzen einige Unternehmen die Chance der aktuellen Lage, um auf den sozialen Medien für sich zu werben. Doch ist das überhaupt in Ordnung? Und wie sieht es mit dem gängigen Newsletter aus? Sollte dieser vielleicht lieber vorerst pausiert werden?
Die Supermarkt-Kette Edeka warb vor kurzem mit dem Slogan “Freiheit ist ein Lebensmittel”. Der vermeintliche Versuch Solidarität mit den Menschen in der Ukraine zu bekennen sorgte jedoch für heftiges Missfallen bei den Kunden und Kundinnen. Auf Facebook sprachen diese von Profitgier und kritisierten, dass der Lebensmittelkonzern lediglich versuche das eigene Image zu verbessern. Und zwar mit dem Leid vieler Menschen.
Auf Imagepflege sollte bis auf Weiteres verzichtet werden
Laut eines Münchner Psychologen ist es zurzeit überhaupt nicht ratsam für die Unternehmen Werbe-Maßnahmen zur Image-Aufpolierung zu initiieren. Es ist tatsächlich kein großer Aufwand mal eben das eigene Logo in den ukrainischen Landesfarben einzufärben und zudem ein paar Worte über die Freiheit zu verlieren und das weiß auch die Kundschaft. Deswegen sollten die Unternehmen zusehen, dass auch wirklich die Intention hinter den Posts stimmt und mit dem konform geht, was sie bisher gepredigt haben. Eine solidarische Positionierung ist eben nur dann glaubwürdig, wenn das Engagement auch vor den aktuellen Geschehnissen stattgefunden hat. Einer Expertin für Kommunikation zufolge tendieren die KonsumentInnen immer mehr dazu eine politische und gesellschaftliche Stellungnahme der einzelnen Unternehmen zu begrüßen. Das Ganze muss jedoch nicht Schlag auf Schlag passieren.
Es sollte gehandelt anstatt geredet werden
Viele Firmen sind mittlerweile tatkräftig dabei die UkrainerInnen zu unterstützen, indem sie Geld- und Materialspenden sammeln. Unternehmen, die das bisher noch nicht gemacht haben sollten diesem Beispiel folgen. Ein Krieg erfordert Hilfe, wo man sie bekommen kann und Menschen die handeln. Für den eigenen Profit zu werben hat in solchen Zeiten keinen Platz und wird sogar als extrem unmoralisch empfunden. Mitdenken und aktiv Hilfe leisten lautet die Devise. Dabei können sich die Unternehmen die Kommunikation nach außen auch gerne mal sparen. Außer natürlich die Kommunikation verweist auf hilfreiche Angebote, wie es vor kurzem der Gebührenverzicht der Telekom für Anrufe und Nachrichten in die Ukraine zeigt.
Authentische Gefühle thematisieren
Momentan sind freudvolle Newsletter und humorvolle Podcasts leider einfach fehl am Platz. Der Angriff Russlands hat dafür gesorgt, dass es sich gerade nicht richtig anfühlt solchen Content zu verbreiten. Natürlich kann das jeder selbst für sich entscheiden und seiner Intuition folgen. Doch ExpertInnen raten dazu den Gute-Laune-Content vorerst zu pausieren. Eine andere und den Umständen angemessenere Idee ist es über echte Emotionen zu sprechen und radikal ehrlich mit sich und seiner Community zu sein. Wie fühlt man sich in Bezug auf die aktuellen Geschehnisse? Authentische Gesprächsansätze sind viel zugänglicher als leere Floskeln und wahre Emotionen viel wirksamer als eine kalkulierte Strategie.
Die richtige Sprache wählen
Das Unternehmen zurzeit eine absolute Marketing-Umwandlung anstreben sollten ist völliger Quatsch, denn nicht jeder positive Post ist gleich verwerflich. Der eigene Content sollte dennoch eindringlich auf eine angemessene Sprachauswahl geprüft werden. Es wäre verantwortungslos die Sensibilität dieser Zeit zu ignorieren und ohne Rücksicht auf Verluste in Anzeigen, Posts und Co. drauf los zu kommunizieren. Für die Unternehmen lohnt es sich deshalb die Kundenperspektive zu betrachten. Könnten die gewählten Worte verletzend oder diskriminierend verstanden werden? Oder könnte das Gesagte sogar in einem falschen Kontext verstanden werden?
Mit offensiven Aussagen vorsichtig sein
Damit man besser auseinanderhalten kann, was denn gerade in Ordnung ist zu sagen und was nicht, könnte man sich die Methodik des Pull- und Push-Marketings zunutze machen, so ein Experte für Werbepsychologie. Die Essenz des Pull-Marketings besteht darin, dass es sich nur an die Kundschaft richtet, die sich wirklich für das interessieren, was ein Unternehmen anbietet. Immerhin richten sich die Suchmaschinenoptimierung und das Content-Marketing explizit an die Menschen, die nach einer gewissen Dienstleistung beziehungsweise nach einem gewissen Produkt bereits suchen. Das Push-Marketing wiederum dient dazu den Bekanntheitsgrad des Unternehmens mit beispielsweise Anzeigen zu fördern und kann aktuell als sehr unangebracht empfunden werden. Deswegen sollte zurzeit einfach auf das Schalten von Werbungen und Anzeigen, die positive Gefühle auslösen sollen, in den sozialen Medien verzichtet werden. Eine Luxusreise oder ein spaßiges Freizeitangebot wirkt verglichen mit den aktuellen Bildern von flüchtenden und verwundeten UkrainerInnen schlichtweg makaber.
Dafür sorgen, dass man in Zukunft trotzdem gefunden werden kann
Auch wenn es momentan nicht empfehlenswert ist Push-Marketing zu betreiben, lohnt es sich trotzdem weiterhin in das Pull-Marketing zu investieren. Besonders die Suchmaschinenoptimierungs-Maßnahmen sorgen dafür, dass Kunden und Kundinnen angesprochen werden, die eine Lösung für etwas brauchen und auf Ihrer Seite eventuell fündig werden. Auffindbarkeit und Sichtbarkeit ist deswegen essentiell. Kleinere Unternehmen ohne inhouse Marketing-Abteilung könnten darüber nachdenken zu welchen Nöten die aktuelle Krise führt und das Angebot dementsprechend anpassen. Die Sanktionen werden nämlich früher oder später Auswirkungen auf die VerbraucherInnen haben. Es sollte aber definitiv kein Profit aus der Krise geschlagen werden, denn das fällt nicht nur auf, sondern ist wie bereits erwähnt einfach unethisch.