Die Auswirkungen von Metas Veränderungen auf Influencer:innen und Werbetreibende

Mark Zuckerberg hat eine klare Vision für seine Social-Media-Plattformen Facebook und Instagram: weniger Content von Freunden, dafür aber gesponserte Kurzvideo-Beiträge aus der ganzen Welt. Diese Veränderungen lösten teils heftige Reaktionen aus, die man auf Social-Media spannend mitverfolgen konnte.

Es ist längst kein Geheimnis mehr, dass die neuen Änderungen bei Meta stark an das Konzept von TikTok erinnern. Nicht umsonst ist von einer “TikTokisierung” die Rede. TikToks Beliebtheit und Nutzerzahlen scheinen stetig weiter zu wachsen, was Mark Zuckerberg in seinem Silicon Valley ziemlichen Druck verursacht. Was anfangs wie eine voreilige Reaktion von Meta wirkte, scheint sich jetzt in einen Paradigmenwechsel umzuwandeln, welcher umfangreiche Auswirkungen auf Influencer:innen und Webetreibende haben könnte.

Doch was für Veränderungen sind das eigentlich? Wenn man es auf den Punkt bringen möchte, so kann man sagen, dass Meta so ziemlich alle Funktionen von TikTok kopiert. Die größte Rolle spielt dabei das Kurzvideo-Format, quasi die Essenz von TikTok, das bei Instagram unter dem Namen Reels läuft. Auf Basis eines Algorithmus werden den User:innen kurze Videos zu ihren Interessen präsentiert. Das soll nun auch der Hauptfokus von Facebook werden. Die App soll einer kompletten strukturellen Sanierung unterzogen werden, sodass die primäre Seite beim Öffnen fortan hauptsächlich mit individuellen Empfehlungen für Reels versehrt sein wird. Eine weniger wichtige Rolle sollen künftig Beiträge von Freunden und Freundinnen und Inhalte, die man tatsächlich selbst abonniert hat, einnehmen. Diese werden lediglich in einem extra Feed-Tab chronologisch angezeigt. Man kann also getrost sagen, dass fremde Kurzvideos wichtiger sind als der soziale Austausch auf den sozialen Medien.

Das Gleiche hat Meta auch mit seiner Plattform Instagram vor. Obwohl nach einer anfänglichen Testphase mit nur Videoclips auf der Startseite wieder davon abgerückt wurde, soll die App nun wieder auf mehr Videos und Empfehlungen umgerüstet werden. Darauf reagierten die User:innen mit Protesten. Unter dem Claim “Make Instagram Instagram Again” löste die Influencerin Tati Breuning einen regelrechten Shitstorm aus, der unter anderem von den Kardashian Schwestern unterstützt wurde. Und auch eine Online-Petition mit mittlerweile über 300.000 Unterschriften wurde ins Leben gerufen, die für mehr Sichtbarkeit von Posts von Freunden und Fotos plädiert.

Mark Zuckerberg hat das allerdings nicht sonderlich interessiert. Bei der Verkündung der diesjährigen Quartalszahlen gab er an, dass 15 Prozent der Inhalte auf individuellen Facebook-Startseiten sowieso schon von vorgeschlagenen Absendern kommen. Eine Zahl, die sich bis Ende 2023 noch verdoppeln soll. Bis dahin wird das Unternehmen wohl noch einige Tests durchführen, um die richtige Balance zwischen klassischen Social-Media-Posts und Kurzvideo-Empfehlungen zu finden.

Der amerikanische Journalist Scott Rosenberg spricht diesbezüglich vom Ende der Social-Network-Ära, welches am Beispiel Twitter schon erkennbar sei. Man kann es nicht abstreiten, dass 16 Jahre nachdem Facebook den News Feed zum Austauschen eingeführt hat, dieser nun deutlich an Attraktivität verloren hat. Die Menschen haben sich an Urlaubs- und Familienfotos sattgesehen und verlangen nach etwas Neuem. TikTok mit seiner leicht abhängig machenden, niemals endenden Videoschleife, welche mehr oder weniger interessante Kurzvideos liefert, scheint da genau das Richtige zu sein.

Mitbegründer der Social-Media-Agentur Adbaker, Simon Mader, ist sich sicher, dass die Veränderungen auch etwas mit der Nutzungsdauer zu tun haben. Diese ist in den letzten Jahren auf Instagram und Facebook zurückgegangen. Mehr Videos anstelle von Fotos zu zeigen, soll dafür sorgen, dass die User:innen länger auf den Plattformen verweilen. Laut Mark Zuckerberg verdient Meta mit geschalteter Werbung im Reels-Bereich deutlich weniger als beispielsweise in den Stories der Nutzer:innen. Wenn sich die Nutzungsdauer allerdings wieder steigert, dürfte man mit viel Geld rechnen.

Auf Influencer:innen und Werbetreibende wird dieser Paradigmenwechsel große Auswirkungen haben. Helge Ruff, CEO der Social-Media-Agenur One Two Social, ist sich sicher, dass die Anforderungen an die Qualität der Inhalte in die Höhe schießen werden, wenn Algorithmus-basierte Empfehlungen wichtiger werden als Freundes-Content. Es wird einen Anstieg an Konkurrenzverhalten geben, denn Creators können sich zukünftig nicht mehr komplett auf ihre Follower:innen verlassen, da ihnen quasi permanent neuer Content zugespielt wird, so Ruff. Laut dem CEO von One Two Media ist das auch der Grund, warum vor allem namhafte Influencer:innen die Meta Protestkampagne so erbittert unterstützen.

Diese Meinung vertritt auch Simon Mader. Laut dem Adbaker-Mitbegründer wird es für die Influencer-Szene künftig schwerer sein, konstant relevant zu bleiben. Der herkömmliche Content wird nicht mehr ausreichen, um zu den Follower:innen durchzudringen, was die Community ins Wanken bringen könnte, die sie all die Jahre hart aufgebaut haben. Hier haben allerdings kreative Neulinge einen Vorteil, so Mader, denn diesen wird es nicht schwerfallen, ein Publikum zu bekommen. Das letzte Wort wird hier noch nicht gesprochen sein. Auch Influencer:innen, die bislang auf statischen Foto-Content setzten, wie Fotograf:innen und Beauty-Creators, werden durch den Kurzvideo-Trend umdisponieren müssen. Bisher hat es ausgereicht, schön auszusehen, aber ab sofort muss man durch die Video-Kultur auch unterhalten können, so Ruff.

Was bedeutet dies nun für Werbetreibende? Diese werden sich zukünftig wohl auch mit mehr Druck konfrontiert sehen, denn es gilt nun die bestehenden Influencer-Kooperationen zu prüfen, um zu sehen, ob diese dem Kurzvideo-Trend standhalten. Ab sofort befinden sich alle in einem Wettrennen um den aufmerksamkeitsstärksten Content und wer nicht auf diesem Level abliefert, wird wohl an das Ende der “Social-Media-Nahrungskette“ verfrachtet, so Medienexperte Ruff.