Digitale Media-Einkauf Trends 2022

2022 steckt voller spannender Entwicklungen für Mediaeinkäufer. Insbesondere der Wegfall der Third-Party-Cookies dürfte eines der wichtigen Themen dieses Jahres werden. Welche Herausforderungen 2022 auf die digitalen Mediaeinkäufer zukommen und welche technischen Möglichkeiten sich daraus ergeben könnten, lesen Sie jetzt in diesem Beitrag.

Mit der effizienteren Gestaltung des Media-Einkaufs verliert IO (Insertion Order)

Der Commercial Director von FLAP.ONE, Robert Herrmann, denkt, dass der Ausbau von Programmatic Advertising dieses Jahr stärker ins Visier genommen wird. Mit der zunehmenden Automatisierung des Media-Einkaufs werden zukünftig wahrscheinlich Sonderwerbeformen wie Fireplace, Sitebar, Wallpaper und Understitials vorwiegend über den programmatischen Weg bestellt. Die Vereinfachung des Media-Einkaufs wird jedoch Nachteile für IO mit sich bringen, so Herrmann. Das kontextuelle Targeting sieht er dabei als bestmögliche Alternative für die Third-Party-Cookies, dieses ist besonders effizient, wenn die Werbetreibenden genau wissen, mit welchen Inhalten ihre Kundschaft sich auseinandersetzt. Außerdem soll das Thema Standardisierung generell mehr in den Blickpunkt rücken. Die Standardisierung wäre vor allem für die großformatigen Werbeformen von Nutzen, da nur so der programmatische Einkauf gewährleistet werden kann. Was die Werbetreibenden angeht, so sollten diese in jedem Fall ihre Dienstleister genauer prüfen. Es kann nämlich vorkommen, dass diese Service-Leistungen verkaufen, welche bereits über ein programmatisches Sales House vertrieben werden.

Mehr Direktgeschäft sowie programmatische Mediengattungen

Julia Wittich-Sauer ist Director Business Development CEE bei Criteo. Sie geht davon aus, dass die Bedürfnisse der Kunden sich 2022 ändern werden, da diese vermehrt den Fokus auf Transparenz und Kontrolle ihrer Daten legen. Neben der Standardisierung der Consent-Abfrage in Online-Shops und Apps wird wohl auch die sich entwickelnde Kundenzentrierung mit First-Party- und Zero-Party-Data-Ansätzen feinjustiert werden. Laut Wittich-Sauer sollen 2022 auch mehr Mediengattungen programmatisch erhältlich sein, was mit einem Rückgang an Anbietern und generell mehr 1-zu-1-Beziehungen einhergeht.

Die Weiterentwicklungen von First-Party-Daten, Identity-Management und Measurement werden für den digitalen Mediaeinkauf wahrscheinlich Fluch und Segen zugleich bedeuten. Trotz des immensen Aufwands ergeben sich laut der Expertin nämlich auch Top-Chancen. Advertiser können zunehmend unabhängiger von großen Marktteilnehmern werden, indem sie das Wissen über ihre Kundschaft, welches sie über die First-Party-Daten generiert haben, gewinnbringend beim Mediaeinkauf einsetzen. Adressierbare Lösungen werden zudem von weiteren smarten Contextual-Angeboten ergänzt, sodass die Reichweite des digitalen Marketings insgesamt erweitert wird. In Bezug auf das Thema Identity-Management erwartet Wittich-Sauer, dass noch andere Akteure der Branche nachziehen werden, denn so könnte man den Bogen zur Optimierung der Measurement-Methoden schlagen.

Der Privacy-Bereich wird wohl die größten Disruptionen erleiden

Pan Katsukis, CEO von Remerge, geht dieses Jahr von einem weiteren Ausbau des App Marketings aus, da die Nutzerschaft mittlerweile vorwiegend Apps im alltäglichen Gebrauch verwenden. Allerdings benötigt man bessere Lösungsansätze für kontextuelles Targeting, denn in Bezug auf die Privatsphäre gibt es nach wie vor die größten Disruptionen. Wie misst man und wie targeted man ohne ID und Contextual? Laut Katsukis ist die Auseinandersetzung mit den Privacy Entwicklungen für Werbetreibende essentiell. Beispielsweise wird zur Zeit ein Großteil des iOS Inventars nicht angerührt, da es technisch nicht so einfach mit Targeting und Messbarkeit vereinbar ist- darin steckt viel Potential für die Werbetreibenden in 2022.

Der zerlegte Identity-Markt wird besonders für Medieneinkäufer zugänglicher

Für Alexander Weißenfels ist das Ende der Third-Party-Cookies 2022 ebenfalls ein wichtiges Thema. Der Managing Director Deutschland bei Adform denkt, dass gerade das Thema Identity dieses Jahr sehr spannend werden könnte. ID-Lösungen gilt es professioneller zu gestalten, wohingegen ganz frische Lösungen dafür sorgen werden, dass der fragmentierte Markt des Identity-Bereichs für Mediaeinkäufer insgesamt erreichbarer wird, sodass die gängigen First- und Third-Party-IDs über Geräte- und Browsergrenzen hinweg von einer Konsole aus aktiviert werden können.

Weißenfels glaubt zudem, dass es neue Mitspieler auf dem Datenmarkt geben wird, besonders im Bereich der Publisher-First-Party-Data. Das Ganze wird Auswirkungen auf die Werbetreibenden haben, denn Cookie-freie Browser und Geräte machen heute bereits circa 50 Prozent des Traffics aus. Das Werben und generelle Leben sollten aber ohne Third-Party-Cookies problemlos möglich sein, immerhin geben die Mehrheit der Publisher die First-Party-IDs bereits im Bidstream weiter. Der Experte sagt es ist an der Zeit, dass Werbetreibende aufhören auf eine Lösung von Google zu warten und eigenständig anfangen zu handeln. Wer jetzt anfängt sich mit dem Thema auseinanderzusetzen, sichert sich die zukünftige Profitabilität der Kampagnen, immerhin leiden die Reichweiten und die Exaktheit der Adressierbarkeit bereits auffallend viel.

IDs für Web und CTV

Joanna Burton ist Chief Strategy Officer bei ID5. Dort geht man aktuell davon aus, dass viele Unternehmen 2022 Maßnahmen ergreifen werden, um dem baldigen Cookie-Ende entgegenzuwirken. Nicht nur vorausschauende Publisher, sondern auch Marken und Ad-Tech-Plattformen werden deshalb vermehrt neue Technologien testen und einführen, um auf die Strukturänderungen vorbereitet zu sein. Die Expertin rechnet damit, dass mehr als 50 Prozent der Web-Anzeigenanfragen in Europa und den USA bis zum Ende des Jahres um alternative IDs erweitert werden. Darüber hinaus denkt sie, dass 2023 das Jahr für einen Identitätswechsel im Connected TV sein wird. Die Sender versuchen immer mehr ihre Daten zu schützen, was den Bedarf der Branche an gemeinsamen Identifikatoren ansteigen lässt. Bezüglich mobiler Endgeräte könnten die Probleme mit der Apple Tracking Transperancy App dafür sorgen, dass dieses an Vertrauen verliert, was wiederum ein Vorteil für andere App-Entwickler wäre.

Eine größere Rolle für CTV und Audio im Programmatic

Auch das Kaufverhalten und die Requirements im Mediaeinkauf werden von den Identity-Entwicklungen beeinflusst werden, ist sich Nils Kopnarski, Head of Trading & Operations DACH bei MiQ, sicher. Testen sollte man daher nicht nur die First-Party-Daten, sondern eben auch die Übersetzung der Insights in eine Mediastrategie, die sogenannte Aktivierung.

Identity und kontextbasiertes Targeting werden demnach essentielle Themen für 2022 darstellen. Eine besondere Bedeutung kommt laut Kopnarski in diesem Jahr CTV und Audio zu, diese Programmatic Advertising Kanäle sollte man definitiv im Auge behalten. Indiz dafür sind die immer noch steigenden Zahlen der Podcast-Zuhörerschaft. Viel testen und viel ausprobieren lautet daher seine Kopnarski’s Devise, insbesondere wenn es um die Einbindung neuer Kanäle in die eigene Mediastrategie geht.

2022 wird CTV zum Mainstream

Für Cadi Jones, Commercial Director EMEA Beeswax, steigt 2022 das Wachstum des Connected-TV-Einkaufs in Europa, insbesondere im Retail Media Bereich, weiter an. Die Identität stehe ebenfalls im Rampenlicht, da sich das Verbraucherverhalten während der Pandemie geändert hat und insgesamt mehr Videoinhalte konsumiert wurden. Dadurch wurden die digital bereitgestellten Inhalte auf den Fernsehern viel schneller akzeptiert. Gerade Marken, die auf ein traditionelles Medium setzen profitieren davon, so kann es sein, dass CTV 2022 in Europa zum Mainstream wird.

Connected TV ist laut der Expertin besonders für die Werbetreibenden interessant, die sich an programmatischer Werbung beteiligen, immerhin bietet CTV die Chance nun gezielt auf einem Gerät zu werben, welches vorher ausschließlich für klassisches Fernsehen verwendet werden konnte. Obwohl das vernetzte Fernsehen sich in den USA bereits großer Beliebtheit erfreut, steht es in einigen europäischen Ländern noch vor gewissen Herausforderungen. Es bedarf einer Lösung im großen Maßstab, so Jones. Der steile Anstieg des digitalen Fernsehkonsums während der Pandemie lässt jedoch vermuten, dass dieses Thema noch weiter wachsen wird, immerhin haben die Netzwerk-Agenturgruppen und unabhängige Technologie-Partner bereits gezeigt, was alles möglich ist.